Es begann in Sydney, inmitten der rastlosen Energie einer Metropole, die niemals stillsteht. Wolkenkratzer ragten in den Himmel, Straßen vibrierten vor Lärm, Menschen strömten geschäftig durch enge Gassen – und ich mittendrin, völlig entfremdet von mir selbst. Das Leben in Sydney ist nicht immer nur glamurös, es hängt auch ein verdammt hoher Kostenapparat dahinter. Der Stress des „genügend“ Geldverdeinen und die damit verbundene Last der Existenzangst und die mangelnde emotionale Unterstützung hat mich an den Rand einer Burn outs gebracht. Mein Körper war erschöpft, mein Geist ruhelos. Ich stand am Rand eines Abgrunds, der sich langsam, aber unaufhaltsam auftat.
Doch da war etwas in mir, das nicht verstummte. Ein leises Drängen, das ich zuerst als Heimweh abtat. Ich bin auf dem Land aufgewachsen, direkt am Waldrand, wo das Sonendurchflutete Blätterdach im Wald und das Summen der Bienen auf dem Feld meine Kindheit begleiteten. Vielleicht war es einfach die Sehnsucht nach Zuhause? Meine Familie fehlte mir. Doch heute weiß ich, es war mehr als das. Es war der Ruf der Wildnis – eine unsichtbare Kraft, die mich zurück in die Arme der Natur ziehen wollte, um mich zu erden, mich auszubalancieren, mich wieder mit mir selbst zu verbinden. Doch damals unterdrückte ich alle Einladungen die ausgesprochen wurden und vergrab mich wieder in meine tägliche Lohnarbeit. Ich hatte schliesslich keine Zeit oder Geld für einen Trip in die Blue Mountains und selber für den Strand vor meiner Haustüre hatte ich keine Zeit oder Kraft aufzubringen. Ich spürte ein regelrechtes körperliches Verlangen, mir den Stress und die Last vom salzigen, schaumigen Meer abwaschen zu lassen.
Viel später lernte ich das Konzept des Shinrin Yoku, des „Waldbadens“, kennen. Eine uralte Praxis, die wissenschaftlich bestätigte, was unzählige Menschen schon lange Zeit fühlen: Die Natur heilt. Sie beruhigt unser Nervensystem, stärkt unsere Widerstandskraft und lässt uns aufatmen. Sie erinnert uns daran, wer wir sind. Warum wusste ich das bloß damals nicht auch schon?
Naja und dann kam Corona.
Plötzlich hielt die Welt den Atem an, zwang uns innezuhalten, nichts zu tun. Widerwillig fügte ich mich in diese Entschleunigung – und siehe da, sie wurde zu einem Geschenk. Ich verbrachte immer mehr Zeit in der Natur, tauchte tiefer und tiefer in ihre Geheimnisse ein. Und irgendwann wurde mir etwas bewusst, das mich fast beschämte: Ich kannte kaum die Namen der Bäume, mit denen ich mich umgab, auch nicht einmal mit denen die mich seit meiner Kindheit begleiten. Naja mal abgesehen von dem Kirschenbaum auf dem ich geklettert bin um die Kirschen zu naschen.
Wie sollte ich denn meinem Patenkindern je erklären, ob vor uns eine Eiche oder eine Buche stand? Zumindest falls sie je fragen würden. Ich kannte vielleicht drei bis fünf Baumarten beim Namen – was nicht bedeutet, dass ich sie auch hätte identifizieren können. Für all die anderen war ich blind gewesen. Das galt auch für Büsche, Sträucher oder Kräuter. Es fiel mir wie Schuppen von den Augen. Eine ganze Welt die ich täglich gesehen habe und dennoch nie hingeschaut habe. Es fühlte sich unhöflich an, wie ein Gast, der sich nicht einmal die Mühe macht, sich vorzustellen.
Also begann ich zu lernen. Erst die Bäume, dann die Kräuter und Pflanzen. Ihre Herkunft, ihre Heilwirkungen, ihre Geschichten. Ich tauchte ein in die Welt der Kräuter, in die Symbiosen zwischen Pilzen und Bäumen, in die enorme Bedeutung der Bodenmikroben und die Kunst des Gemüseanbaus – und in die uralten Rhythmen des Waldes. Ich las Märchen, Mythen und Legenden, in denen Pflanzen die Hauptrolle spielten. Plötzlich schien die ganze Welt belebt zu sein und ich verstand die Bedeutung der Jahreskreisfeste zu wertschätzen. Je mehr ich lernte, desto mehr wollte ich wissen. Eine Tür hatte sich geöffnet, und dahinter lag ein endloser Pfad des Staunens.
Die Menschen haben die meiste Zeit ihrer Existenz Seite an Seite mit der Natur gelebt. Erst in der modernen Welt haben wir diesen Kontakt verloren – und damit auch den Kontakt zu uns selbst. Wir leiden an einer kollektiven Identitätskrise als Spezies, weil wir vergessen haben, wer wir sind: ein Teil der Natur, nicht getrennt von ihr.
Deshalb habe ich die Gaia Naturschule gegründet. Um diese Verbindung wieder herzustellen. Um die Liebe zur Natur in den Menschen neu zu wecken. Um Wissen weiterzugeben, das nicht nur unsere Köpfe, sondern auch unsere Herzen berührt. Wissen was wir alle einmal wussten und vielleicht auch noch tief in uns steckt. Wissen was uns hilft gesund zu bleiben und unsere Umwelt zu schützen und wer zu schätzen. Gaia, die Erde, ist unsere einzige Heimat. Wenn wir beginnen, sie zu pflegen und zu verstehen, dann heilen wir nicht nur die Welt, sondern auch uns selbst.
Das ist es, woran ich glaube. Und das ist mein Beitrag mitzuhelfen, dass das große Ganze wieder ins Gleichgewicht findet.
Warum Gaia?
Der Name Gaia ist mehr als nur eine Bezeichnung – er ist eine Hommage an das lebendige Wesen unserer Erde. In der griechischen Mythologie ist Gaia die Urmutter, die Göttin der Erde, aus der alles Leben entsprang. Sie steht für Fülle, Verbindung und das tiefe Wissen, dass wir nicht getrennt von der Natur existieren, sondern Teil eines großen, atmenden Organismus sind. Dieser Gedanke spiegelt sich in allem wider, was wir in der Gaia Naturschule tun: die Erde nicht nur als Ressource zu sehen, sondern als lebendige Gefährtin, die uns ernährt, heilt und lehrt. Gaia erinnert uns daran, dass wir mit der Natur in Beziehung stehen – und dass es an der Zeit ist, diese Beziehung wieder bewusst zu pflegen.